Immer wieder wirst Du auf Mitwirkung und die Bereitschaft anderer Menschen angewiesen sein, um Deine Ideen, Deine Wünsche oder ein Anliegen verwirklichen zu können. Wie gehst Du vor? Welche Strategien stehen Dir zur Verfügung?
Am späten Samstagnachmittag hatte ich Online-Tickets für den Abend im Theater gekauft. Der Ort der Veranstaltung war eine Stunde Fahrt entfernt. Wir mussten uns schon anstrengen, um pünktlich anzukommen. So war es auch kurz vor knapp, als wir vor der Tür des kleinen Theaters am ‚Empfang‘ ankamen.
Jetzt die Überraschung: „Wir sind ausverkauft. Es gibt keine Plätze mehr. Wenn Sie möchten, dann können Sie sich hinten rein stellen.“
Die erste Reaktion: Erstaunen, nachfragen – „wir haben doch Karten. wie kann es sein….?“
Die Karten waren vor Ort noch einmal verkauft worden. Online-Kunden kommen manchmal nicht. Die Künstler sollen nicht vor leeren Rängen spielen. So die Auskunft.
Stehen ist keine Option. Bleibt nur, das Geld für die Karten zurück zu wollen. Genau da fängt es an, schwierig zu werden. „Das Geld müssen Sie sich vom Ticket-Händler zurück holen.“
An dieser Stelle kommt die Frage: was kann ich tun, um jetzt mein Geld zurück zu bekommen?
Ich möchte Dir eine Sammlung möglicher Wege aufzeigen, andere für Dein Anliegen zu gewinnen – oder eben, Deine Interessen durch zu setzen.
- Sage höflich aber direkt, was Du haben möchtest
Im ersten Schritt geht es darum, klar zu benennen, was Dein Wunsch ist. Fragen oder sagen, ohne Anstrengung oder gar Ärger.
Ziel: Mache Deinem Gegenüber deutlich, was Du möchtest.
„Ich hätte gerne, dass Sie mir das Geld für meine Tickets auszahlen. Wir hatten Sitzplätze gekauft, die Sie nicht mehr anbieten können.“ - Begründe Deine Bitte
Mache Deinem Gegenüber erkennbar, was Dir daran wichtig ist. Mache Deinen Plan, Deine Absichten, aber auch Deine Bedürfnisse und Deine eventuelle Notlage nachvollziehbar.
Ziel: Gib Deinem Gegenüber eine Begründung für seine Kooperation.
„Ich kann nicht nachweisen, dass ich die Karten nicht nutzen konnte. Der Händler wird mir mein Geld damit nicht erstatten. Deshalb möchte ich mein Geld jetzt und von Ihnen.“ - Entkräfte mögliche Einwände vorab
Was könnte Dein Gegenüber gegen Deinen Wunsch einwenden? Lasse die Einwände nicht ‚frei laufen‘.
Ziel: Lenke die Gedanken Deines Gegenüber in eine von Dir gewünschte Richtung.
„Bevor Sie mir jetzt bescheinigen, dass Sie die Plätze anderweitig verkauft hatten, können Sie mich auch auszahlen.“ - Argumentiere logisch
Greife logische Schwächen oder Lücken in der Argumentation Deines Gegenüber auf.
Ziel: Lasse die Erfüllung Deines Wunschs folgerichtig erscheinen.
„Ich verstehe, dass Sie die Künstler nicht vor leeren Rängen spielen lassen wollen. Den Zusammenhang mit der Auszahlung verstehe ich nicht. Sie haben das Geld für unsere Plätze ja bereits von denen bekommen, die jetzt dort sitzen.“ - Mache einen Lösungsvorschlag
Biete eine nachvollziehbare Möglichkeit an, die für Dein Gegenüber machbar ist. Hier ist auch ein Kompromiss möglich.
Ziel: Lasse Deinen Wunsch machbar erscheinen.
„Wir schreiben jetzt auf die Karte ‚Betrag erstattet‘, ich unterschreibe. Ich habe mein Geld und Sie eine Quittung für die Abrechnung.“ - Sprich das Pflichtgefühl des Gegenüber an
Sprich über Dein Recht als Kunde. Erkläre Deinem Gegenüber, wie Du seine Rolle siehst und spreche fallweise auf Kulanz an.
„Der Online-Ticket-Händler ist in Ihrem Auftrag aktiv. Sie sind mein Geschäftspartner und damit auch zur Erstattung verpflichtet. Im Übrigen steht das genau so auf den Tickets.“ - Bleibe hartnäckig bei Deiner Bitte
Weiche nicht von Deiner Bitte ab. Verhandle stur und weiche nicht.
Ziel: Mache deutlich, wie wichtig Die die Erfüllung Deines Anliegens ist.
„Sie hätten gerne, dass ich mein Geld vom Händler der Tickets zurück hole. Ich bleibe aber dabei, dass Sie hier mein Ansprechpartner sind und möchte darauf bestehen, dass Sie mir das Geld erstatten.“ - Mache Dein Gegenüber für die Erfüllung Deiner Bitte (mit-)verantwortlich
Frage nach Wegen, die Dein Gegenüber sehen kann, um Deinen Wunsch zu erfüllen. Lasse ihn über Lösungen nachdenken. Wer eine Lösung hat, sie aber nicht umsetzen möchte, der steht schlechter da.
„Ich habe gültige Tickets für Geld gekauft. Von Ihnen kann ich die damit gekaufte Leistung nicht bekommen. Was soll aus Ihrer Sicht jetzt passieren? Wie wollen Sie die mir entstandene Unannehmlichkeit lösen?“ - Appelliere an das Mitgefühl
Stelle Dich als hilflos dar. Drücke auf die Tränendrüse und wecke Mitleid beim Gegenüber.
Ziel: Gib Deinem Gegenüber die Chance, hilfsbereit zu erscheinen.
„Wir hatten uns so auf den Abend im Theater gefreut. Über eine Stunde sind wir gefahren und stehen jetzt ohne alles da.“ - Stelle Nähe her
Erzeuge Interesse an der Erfüllung Deines Wunschs. Erwähne, dass Du auch schon in der Situation des Gegenüber warst. Mache auf Kumpel.
„Ich kenne das. Kurz vor der Veranstaltung kommt hier die große Welle. Sie müssen viele Wünsche möglich machen. Da passt diese Situation nicht gut. Lassen Sie uns bitte ruhig über Möglichkeiten der Lösung nachdenken.“ - Schmeichle Deinem Gegenüber
Gib Deinem Gegenüber das Gefühl, besser als andere Menschen zu sein.
Ziel: Lasse das Selbstwertgefühl des anderen wachsen und ihn damit aus Großzügigkeit handeln.
„Ich spüre, dass Ihnen meine Lage unangenehm ist und Sie alles Ihnen mögliche tun werden, um sie zu lösen.“ - Spiele den Aufwand herunter
Gib zu verstehen, dass Du hier wegen Kleinigkeiten im Regen stehen gelassen wirst.
Ziel: Erzeuge beim Gegenüber ein schlechtes Gewissen, lasse ihn als engherzig dastehen.
„Sie haben das Geld für ‚meine‘ Plätze schon in der Kasse. Wir tauschen also gleiche Werte. Daran ist doch nichts schwierig.“ - Biete einen Vorteil für die Erfüllung Deines Wunschs an
Was hat Dein Gegenüber davon, wenn er Dir jetzt hilft, Deinem Wunsch nachkommt?
Ziel: Biete ein ‚Gegengewicht‘ für den Aufwand, der mit der Wunscherfüllung verbunden ist.
„Sie haben sofort wieder Ihre Ruhe, wenn ich mein Geld bekomme.“ oder „Ich werde Ihr Theater als besonders Kundenfreundlich weiter empfehlen.“ - Kündige Nachteile an, wenn Dein Wunsch nicht erfüllt wird
Damit übst Du Druck aus. Du kannst nach dem Vorgesetzten verlangen oder androhen, Deinen Einfluss über eine andere Instanz nachteilig wirksam einzusetzen.
Ziel: Treibe den Preis für die Nichterfüllung in die Höhe.
„Mein Freundeskreis in den sozialen Medien ist groß. Sie dürfen damit rechnen, dass ich Ihr unverständliches Verhalten dort verbreiten werde.“ - Schüchtere Dein Gegenüber ein
Steigere Deinen Einsatz deutlich. Werde unangenehm, laut und erzeuge Aufsehen. Im besten Fall kannst Du das ohne echten Ärger tun. Schauspielerische Leistung ist gefragt.
Ziel: Dein Gegenüber spürt die Eskalation, kann deren Ausgang nicht einschätzen und fürchtet schlimmeres.
„Ich gehe jetzt an die auf meinen Karten ausgewiesenen Plätze und schicke die dort sitzenden Zuschauer raus. Damit wird die Veranstaltung platzen.“ (Das darf laut und bis in den Zuschauerraum hörbar vorgetragen werden.) - Ziehe Dritte zur Lösung des entstandenen Konflikt heran
Verlange nach dem Vorgesetzten oder nach dem Geschäftsführer. Dies macht vor allem Sinn, wenn die Kompetenzen des Gegenüber spürbar nicht reichen, um Deine Bitte zu erfüllen.
Ziel: Hole eine Person als Ansprechpartner, die ein anderes Verständnis für Deine Bitte und bessere Möglichkeiten für deren Erfüllung hat.
„Ich möchte mein Anliegen gerne mit Ihrem Geschäftsführer besprechen.“
Einige der beschriebenen Strategien schliessen sich gegenseitig aus. Nicht alle vorgestellten Wege werden für Dich gangbar sein. Je mehr dieser Strategien Dir zur Verfügung stehen, um so größer werden Deine Chancen sein, zu bekommen, was Du möchtest.
Welche der genannten Strategien bevorzugst Du, um andere für Deine Anliegen oder Bitten zu gewinnen? Wie weit gehst Du?